Paul Celan, Die Glut und der Eselsschrei, 2018-

Ende September 1969 stattete der bedeutende rumänisch-jüdische Dichter Paul Celan Israel einen zweiwöchigen Besuch ab. Er war zuvor noch nie in Israel gewesen. Während des intensiven Besuchs traf er israelische Dichter und Bekannte aus seiner Vergangenheit in Czernowitz, hielt Vorträge über sein Werk und bereiste ein wenig das Land. Zwei Tage seines Besuchs widmete er Ausflügen mit Ilana Shmueli, einer Jugendfreundin aus Czernowitz, in Ost-Jerusalem und Bethlehem. Die einstige Freundschaft zwischen ihnen intensivierte sich für einen Moment zu einer intimen Angelegenheit. Aufgrund der großen emotionalen Intensität des Besuchs verkürzte Celan seinen Aufenthalt in Israel um einige Tage und kehrte nach Paris zurück, wo er lebte. Dort schrieb er den letzten Gedichtzyklus seines Lebens, „Sag, dass Jerusalem ist“, einen wunderschönen Zyklus, den er Ilana Shmueli und ihren gemeinsamen Erlebnissen auf ihrer Tour durch Ost-Jerusalem und Bethlehem widmete. Einige Monate später im April 1970 beendete er sein Leben mit einem Sprung in die Seine.

In der Serie „Paul Celan – Die Glut und der Eselsschrei“ verbindet Abady zwischen Celans Charakter, Poesie und dramatischem Leben und der Erfahrung, Ost-Jerusalem und seine Umgebung besucht zu haben. Abady schöpft Texte und Sätze aus einem Gedicht des Jerusalemer Gedichtzyklus heraus, den Celan, inspiriert von seinem Besuch („Die Glut zählt uns zusammen im Eselsschrei vor Abschaloms Grab…“) gedichtet hat, und flechtet sie in seinem Werk auf Arabisch und anderen Sprachen ein. Die Bildbeschriftungen erscheinen vor dem Hintergrund historischer Stätten in Ost-Jerusalem, Eselbildern und Porträts von Celan und Ilana Shmueli. Abady hebt besonders die levantinisch-arabische Seite des Besuchs hervor, die sowohl in Celans eigenen Eindrücken als auch in anderen späteren Hinweisen auf seinen historischen Besuch im Laufe der Jahre kaum zum Ausdruck kommt.

Im lezten Teil der Serie erscheinen verzweigte Espenstämme auf einem leuchtend roten Hintergrund, die auf Sperrholz gemalt sind. Dies sind jene Bäume, über die Celan viel zu schreiben pflegte („Espenbaum, dein Laub blickt weiß ins Dunkel. Meiner Mutter Haar ward nimmer weiß …“). Für einen Moment scheint es, als ob Europa in die Levante eindringt und wieder einmal gerät das sensible Gleichgewicht ins Wanken. Die Arbeiten stellen eine Affinität zwischen Abadys deutschen Serien („Das Hannah-Arendt-Projekt“, „Mein anderes Deutschland“, „Auguste Viktoria“) und der Serie „Zurück zur Levante“ her.